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Sonntag, 13. März 2016
Wahltag – Zahltag
fallstaff, 09:50h
Die spannende Frage des heutigen Tages, wie sehr rückt diese Republik nach rechts? Es würde im europäischen Trend liegen und macht doch zugleich Angst.
Der Süddeutschen Zeitung von gestern konnte ich entnehmen, dass die AfD unter jungen Wählern in Sachsen Anhalt ein Potenzial von ca. 30 % hat. Sie ist bei dieser Gruppe die stärkste politische Kraft. Das erinnert fatal an die Entwicklungen am Ende der Weimarer Republik. Es gab viel Verunsicherung, viele Ängste in der Bevölkerung und man sucht sein Heil in rechten Kräften. Dies dient der Stabilisierung und der Angstabfuhr, weil man die Ängste auf einen Sündenbock lenken kann. Wäre der nur beseitigt, wären alle Probleme gelöst.
Die Muster sind nach wie vor dieselben. Verunsicherung und Ängste führen zu einer Wut. Diese Objektive Hilflosigkeit wird überwunden, indem man sich Kräften anschließt, die einem Stärke versprechen.
Die Chance der Demokratie ist zugleich ihre Schwäche. Fehler, die gemacht werden, zeitigen in der Demokratie recht schnell Konsequenzen. Eine Diktatur vermag diese Fehler zu kaschieren, durch Repression die Konsequenzen zu vermeiden. In der Demokratie ist dies schlicht nicht möglich. Fast alles kommt ans Tageslicht und die Betroffenen wehren sich. Wahlen sind dann das Ventil, fehlerhaftes Verhalten zu sanktionieren. Würde es sich um ein souveränes und intelligentes Volk handeln, wäre dieses Modell geradezu ideal. Sagte nicht Churchill einmal, die Demokratie sei die am wenigsten schlechte Form des Regierens? Das „Volk“ wird weniger von Vernunft, als von Ängsten, Vorurteilen und Stereotypen bestimmt.
Wie viel Hass im Volk vorhanden ist, kann täglich im Internet besichtigt werden. Dieser Hass ist durch Vernunft kaum zu besänftigen. Er wird geschickt durch Demagogen genährt, die dann davon profitieren.
"Schicksalswahl, Entscheidungstag, Sonntag der Abrechnung, Merkels Endspiel. Die Vielzahl der ebenso dramatischen wie dramatisierenden Begriffe, die für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz kursieren, legen nahe, dass der Wahlsonntag Deutschland grundlegend verändern könnte." Schreibt heute Kurt Kister in sz-online.
Ob denn jemals bei der etablierten Oligarchie die Einsicht einkehren wird, dass es kein Handeln ohne Konsequenzen gibt? Es wird uns immer bewusster, dass für die Fehler der Vergangenheit bezahlt werden muss. Ob man den Zustand der Umwelt anschaut oder die Flüchtlingsströme oder den Hass in der Gesellschaft, alles Folgen verfehlter Politik.
Möglicherweise sind die etablierten Kräfte längst marginalisert, bevor sie aus Einsichten ernsthafte Konsequenzen ziehen konnten.
Der Süddeutschen Zeitung von gestern konnte ich entnehmen, dass die AfD unter jungen Wählern in Sachsen Anhalt ein Potenzial von ca. 30 % hat. Sie ist bei dieser Gruppe die stärkste politische Kraft. Das erinnert fatal an die Entwicklungen am Ende der Weimarer Republik. Es gab viel Verunsicherung, viele Ängste in der Bevölkerung und man sucht sein Heil in rechten Kräften. Dies dient der Stabilisierung und der Angstabfuhr, weil man die Ängste auf einen Sündenbock lenken kann. Wäre der nur beseitigt, wären alle Probleme gelöst.
Die Muster sind nach wie vor dieselben. Verunsicherung und Ängste führen zu einer Wut. Diese Objektive Hilflosigkeit wird überwunden, indem man sich Kräften anschließt, die einem Stärke versprechen.
Die Chance der Demokratie ist zugleich ihre Schwäche. Fehler, die gemacht werden, zeitigen in der Demokratie recht schnell Konsequenzen. Eine Diktatur vermag diese Fehler zu kaschieren, durch Repression die Konsequenzen zu vermeiden. In der Demokratie ist dies schlicht nicht möglich. Fast alles kommt ans Tageslicht und die Betroffenen wehren sich. Wahlen sind dann das Ventil, fehlerhaftes Verhalten zu sanktionieren. Würde es sich um ein souveränes und intelligentes Volk handeln, wäre dieses Modell geradezu ideal. Sagte nicht Churchill einmal, die Demokratie sei die am wenigsten schlechte Form des Regierens? Das „Volk“ wird weniger von Vernunft, als von Ängsten, Vorurteilen und Stereotypen bestimmt.
Wie viel Hass im Volk vorhanden ist, kann täglich im Internet besichtigt werden. Dieser Hass ist durch Vernunft kaum zu besänftigen. Er wird geschickt durch Demagogen genährt, die dann davon profitieren.
"Schicksalswahl, Entscheidungstag, Sonntag der Abrechnung, Merkels Endspiel. Die Vielzahl der ebenso dramatischen wie dramatisierenden Begriffe, die für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz kursieren, legen nahe, dass der Wahlsonntag Deutschland grundlegend verändern könnte." Schreibt heute Kurt Kister in sz-online.
Ob denn jemals bei der etablierten Oligarchie die Einsicht einkehren wird, dass es kein Handeln ohne Konsequenzen gibt? Es wird uns immer bewusster, dass für die Fehler der Vergangenheit bezahlt werden muss. Ob man den Zustand der Umwelt anschaut oder die Flüchtlingsströme oder den Hass in der Gesellschaft, alles Folgen verfehlter Politik.
Möglicherweise sind die etablierten Kräfte längst marginalisert, bevor sie aus Einsichten ernsthafte Konsequenzen ziehen konnten.
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Sonntag, 6. März 2016
Harnoncourt
fallstaff, 18:07h
Nun ist einer gestorben, der über so lange Zeit mein musikalisches erleben bereichert hat.
Ich erinnere, dass Mitte der sechziger Jahre Harnoncourt mit seinem concentus musicus in Erscheinung trat. Das war die Zeit, in der Karajan das klassische Repertoire, Karl Richter das barocke Repertoire dominierten.
Sofort gefielen mir die Interpretationen von Harnoncourt viel besser. Die Klangrede, die Durchsichtigkeit des Klangbilds und vor allen Dingen die Leidenschaft des Musikers machten mir viel Freude. Er brachte eine sehr provozierende Wassermusik von Händel heraus, ließ die quattro stagioni in höchst Klang- malerischer Art musizieren und provozierte mit einem Bild von Johann Sebastian Bach, dass dieses von seinem hohen Sockel vertrieb. Alle diese Interpretationen erfasste mich sehr, längst bevor Harnoncourt zu einer Art mainstream wurde.
Seit der Mitte der sechziger Jahre hat Harnoncourt eine große Fülle von Barock Musik eingespielt. Viele Interpretationen schätzte ich, die Besetzung der Bachkantaten mit Knabenstimmen hielt ich für eine Fehlentwicklung, ebenso wie die Verwendung von countertenören, wie etwa Paul Esswood.Harnoncourt hat diese Praxis selbst korrigiert, und in späteren Aufnahmen natürlich Solisten und Frauenstimmen eingesetzt.
Seine Karriere entwickelte sich beständig. Immer mehr dirigierte er große Orchester.Sei es nun das concergebouw Orchester aus Amsterdam oder etwa die Berliner Philharmoniker. Kaum eine dieser Aufnahmen gefiel mir. Ich hatte den Eindruck, als wenn Harnoncourt diese großen Tanker nicht wirklich beeinflussen könne.
Immer wieder, bis ins hohe Alter, wenn er seinen concentus musicus dirigierte, war ich von den Ergebnissen fasziniert. Absolut unglaublich, wie ein Mensch seines Alters noch derartige Energie zum dirigieren haben konnte.
Sein Wirken ist umfassend dokumentiert. Viele seiner Aufnahmen sind auch nach Jahrzehnten noch so etwas wie Referenz.
Er kann nun in Frieden ruhen.
Ich erinnere, dass Mitte der sechziger Jahre Harnoncourt mit seinem concentus musicus in Erscheinung trat. Das war die Zeit, in der Karajan das klassische Repertoire, Karl Richter das barocke Repertoire dominierten.
Sofort gefielen mir die Interpretationen von Harnoncourt viel besser. Die Klangrede, die Durchsichtigkeit des Klangbilds und vor allen Dingen die Leidenschaft des Musikers machten mir viel Freude. Er brachte eine sehr provozierende Wassermusik von Händel heraus, ließ die quattro stagioni in höchst Klang- malerischer Art musizieren und provozierte mit einem Bild von Johann Sebastian Bach, dass dieses von seinem hohen Sockel vertrieb. Alle diese Interpretationen erfasste mich sehr, längst bevor Harnoncourt zu einer Art mainstream wurde.
Seit der Mitte der sechziger Jahre hat Harnoncourt eine große Fülle von Barock Musik eingespielt. Viele Interpretationen schätzte ich, die Besetzung der Bachkantaten mit Knabenstimmen hielt ich für eine Fehlentwicklung, ebenso wie die Verwendung von countertenören, wie etwa Paul Esswood.Harnoncourt hat diese Praxis selbst korrigiert, und in späteren Aufnahmen natürlich Solisten und Frauenstimmen eingesetzt.
Seine Karriere entwickelte sich beständig. Immer mehr dirigierte er große Orchester.Sei es nun das concergebouw Orchester aus Amsterdam oder etwa die Berliner Philharmoniker. Kaum eine dieser Aufnahmen gefiel mir. Ich hatte den Eindruck, als wenn Harnoncourt diese großen Tanker nicht wirklich beeinflussen könne.
Immer wieder, bis ins hohe Alter, wenn er seinen concentus musicus dirigierte, war ich von den Ergebnissen fasziniert. Absolut unglaublich, wie ein Mensch seines Alters noch derartige Energie zum dirigieren haben konnte.
Sein Wirken ist umfassend dokumentiert. Viele seiner Aufnahmen sind auch nach Jahrzehnten noch so etwas wie Referenz.
Er kann nun in Frieden ruhen.
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Donnerstag, 3. März 2016
Rechts-Macht
fallstaff, 15:55h
Kohls Anwälte fordern in der SPIEGEL ONLINE vorliegenden Klageerweiterung mindestens "fünf Millionen Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit". Das wäre neuer Rekord. Die höchste Summe, die ein deutsches Gericht in einem ähnlichen Fall zugesprochen hat, sind die 625.000 Euro für Jörg Kachelmann.
In ihrer Klage beziehen sich die Anwälte auf den "entstandenen immateriellen Schaden" durch über hundert Passagen des Buches "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle", in denen der Altkanzler hart mit anderen Politikern und Persönlichkeiten ins Gericht geht. Diese hätten nicht nur "partei- und regierungsschädigende Auswirkungen", sondern hätten auch das politische Lebenswerk Kohls sowie seine Freundschaft zu langjährigen Weggefährten beschädigt." kann man heute im SPIEGEL online lesen und Prantl in der SZ begrüsst das Vorgehen von Kohl.
In der Tat hat das OLG die Veröffentlichung der Zitate als unrechtmäßig bezeichnet.
Das sollte hinterfragt werden. Personen der Zeitgeschichte haben schon immer ein geringeres Recht am eigenen, zum Beispiel dem eigenen Bild. Der Grund dafür ist das konkurrierende Interesse der Öffentlichkeit an Erkenntnissen. Niemand muss Person der Zeitgeschichte werden. Ist jemand eine solche Person geworden. Folgt aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit auch ein Recht auf Information. Bin eine bedeutende Person der Zeitgeschichte bestimmte Meinungen äußert (sie müsste es ja nicht) gibt es ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zu erfahren, was diese Person bewegt. Das kann diese Person nur dadurch steuern, dass sie aus ihrem Herzen eine Mördergrube macht und Meinungen für sich behält. Werden die Meinungen in die Welt getragen, hat die Welt ein berechtigtes Interesse, sich eine Meinung über diese Person der Zeitgeschichte bilden zu können.
Es ist schade, dass das Verfassungsgericht nicht Gelegenheit bekam, über diesen Fall zu entscheiden. Nicht selten beachten die fachgerechte nicht ausreichend den grundrechtlichen Hintergrund. Dass nun Herr Kohl seine Gegner mittels hochbezahlter Anwälte mit 1 Millionen Klage überzieht, macht wieder einmal deutlich, dass Recht sehr viel mit Anführungszeichen Macht zu tun hat. Je mehr Macht jemand hat, desto mehr Recht wächst ihr zu.
Die Folge ist natürlich eine Einschüchterung durch die mächtige Person. Ein sicher nicht zu begrüßendes Ergebnis.
In ihrer Klage beziehen sich die Anwälte auf den "entstandenen immateriellen Schaden" durch über hundert Passagen des Buches "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle", in denen der Altkanzler hart mit anderen Politikern und Persönlichkeiten ins Gericht geht. Diese hätten nicht nur "partei- und regierungsschädigende Auswirkungen", sondern hätten auch das politische Lebenswerk Kohls sowie seine Freundschaft zu langjährigen Weggefährten beschädigt." kann man heute im SPIEGEL online lesen und Prantl in der SZ begrüsst das Vorgehen von Kohl.
In der Tat hat das OLG die Veröffentlichung der Zitate als unrechtmäßig bezeichnet.
Das sollte hinterfragt werden. Personen der Zeitgeschichte haben schon immer ein geringeres Recht am eigenen, zum Beispiel dem eigenen Bild. Der Grund dafür ist das konkurrierende Interesse der Öffentlichkeit an Erkenntnissen. Niemand muss Person der Zeitgeschichte werden. Ist jemand eine solche Person geworden. Folgt aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit auch ein Recht auf Information. Bin eine bedeutende Person der Zeitgeschichte bestimmte Meinungen äußert (sie müsste es ja nicht) gibt es ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zu erfahren, was diese Person bewegt. Das kann diese Person nur dadurch steuern, dass sie aus ihrem Herzen eine Mördergrube macht und Meinungen für sich behält. Werden die Meinungen in die Welt getragen, hat die Welt ein berechtigtes Interesse, sich eine Meinung über diese Person der Zeitgeschichte bilden zu können.
Es ist schade, dass das Verfassungsgericht nicht Gelegenheit bekam, über diesen Fall zu entscheiden. Nicht selten beachten die fachgerechte nicht ausreichend den grundrechtlichen Hintergrund. Dass nun Herr Kohl seine Gegner mittels hochbezahlter Anwälte mit 1 Millionen Klage überzieht, macht wieder einmal deutlich, dass Recht sehr viel mit Anführungszeichen Macht zu tun hat. Je mehr Macht jemand hat, desto mehr Recht wächst ihr zu.
Die Folge ist natürlich eine Einschüchterung durch die mächtige Person. Ein sicher nicht zu begrüßendes Ergebnis.
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