Freitag, 7. Oktober 2016
Schande
Heute hat das höchste deutsche Zivilgericht, derBGH, entschieden, dass es keinen Amtshaftungsanspruch gegen Amtsträger geben kann, wenn diese militärische Entscheidung treffen. Damit wird der militärische Bereich aus der Herrschaft des Rechts ausgenommen. Mehr als traurig, so etwas von hohen Juristen lesen zu müssen. Auch wenn es faktisch so ist, dass Krieg fast eine rechtsfreie Zone darstellt und Soldaten bei kriegerischer Tätigkeit so gut wie nie zur Rechenschaft gezogen werden, wenn nicht die Gewinner eines Krieges über sie richten, ist dies angesichts einer Werteordnung, die die Menschenwürde und die Grundrechte von Menschen an die Spitze der Verfassung stellt ein ganz trauriger Sachverhalt. Natürlich werden Rechte von Menschen durch kriegerische Handlungen immer wieder verletzt, umso mehr, wenn es sich nicht um Beteiligte kriegerische Handlungen handelt.
"in einer Gemengelage aus Gefahr, Zeitdruck und Informationsmangel getroffen werden müssen. Soldaten müssen in existenziellen Situationen einen Entscheidungsspielraum haben." Meint Wolfgang Janisch in einem Beitrag heute in der SZ.
Ohne Zweifel waren die kriegerischen Lagen 2009 in Afghanistan hoch gefährlich. Wenn man aber über das Leben einer Vielzahl von Personen zu entscheiden hat, die nicht unmittelbar in kriegerische Aktionen verwickelt sind, kann dies doch nicht von der bestmöglichen Präzision bei der Entscheidungsfindung dispensieren. Dafür schließlich wird ein Soldat, speziell eine Führungskraft doch geschult: in kriegerischen, gefährlichen und unübersichtlichen Situationen die bestmöglich vernünftige Entscheidung zu treffen. Wie wahrscheinlich war es, dass Fahrzeuge, die festgefahren waren, sich zu einem unmittelbaren Angriff auf das deutsche Lager wieder in Marsch setzen konnten? Selbst wenn, was ja ganz falsch war, sich an den Lastwagen nur Taliban Kämpfer befunden hätten, was sollten sie gegenüber dem deutschen Lager ausrichten, dass 7 km entfernt war. Oftmals sind selbst bei höheren Amtsträgern ihrer Entscheidungen eher von den Ängsten als von vernünftigen Einsichten geprägt. Angesichts der Rechtsgüter, die hier infrage stehen. halte ich dies für komplett unzulässig.

Dass der BGH ein Anspruch a limine abweist, ist nicht nur mit der Werteordnung der Verfassung kaum vereinbar, sondern auch moralisch höchst fragwürdig. Man weiß ja inzwischen, dass die Lageeinschätzung des Oberst falsch war und es ist rein zynisch, trotz dieser Erkenntnis alle Ansprüche abzuweisen.
Eine Schande.

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