Samstag, 9. Juli 2016
Wir gewinnen, die verlieren
In der abgelaufenen Woche gab es zwei sportliche Ereignisse, die mächtige Emotionen hervorriefen: die Europameisterschaft im Fußball und das Tennisturnier in Wimbledon.

In beiden Fällen gab es eine große Identifikation, beim Fußball natürlich in viel größerem Ausmaße.

Einem Hype gleich Namen wir an, dass wir Europameister werden. Immer wenn es ums Gewinn ging, wurde das Wort wir verwendet. Fußball hilft massentauglich zu einem Wohlgefühl. Man denkt, man würde an der Stärke der Sportler teilnehmen und selbst dadurch stark sein. (Ein gleicher Mechanismus übrigens wieder Erfolg von Populisten und machtvollen Demagogen). Wird dann ein Spiel verloren, haben natürlich die Fußballer verloren und nicht"wir“.

In der Diskussion darüber wird die Funktion dieses Sportes gerne ignoriert. Paradigmatisch war diese Woche die Moderation im Morgenmagazin, nachdem das Halbfinale von Deutschland verloren wurde. Sofort wurde auf Tennis umgestellt: wir gewinnen Wimbledon. Der gleiche Mechanismus, nun mit einer anderen Sportart. Sicherlich nicht so massenwirksam , aber das gleiche Schema. Der Erfolg einer Sportlerin wird vergemeinschaftet. Man wertet sich dadurch auf. Nun hat auch dieses nicht geklappt. Frau Kerber hat in Wimbledon verloren. Diese Kränkung wird meist medial bestraft. Die Meldungen darüber sind kürzer, wenn sie überhaupt erscheinen.
Am Strand von Heringsdorf gab es ein public viewing. Darüber wurde so lange berichtet, wie es Erfolge der deutschen Mannschaft gab. Als die Niederlage kam, entfielen auch die Berichte in der lokalen Fernsehlandschaft.
Sport ist eben nicht nur Spaß, sondern für die Wahrnehmung von Wert und das Gefühl von Identität ein zentraler Faktor.

... comment