Donnerstag, 3. März 2016
Rechts-Macht
Kohls Anwälte fordern in der SPIEGEL ONLINE vorliegenden Klageerweiterung mindestens "fünf Millionen Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit". Das wäre neuer Rekord. Die höchste Summe, die ein deutsches Gericht in einem ähnlichen Fall zugesprochen hat, sind die 625.000 Euro für Jörg Kachelmann.
In ihrer Klage beziehen sich die Anwälte auf den "entstandenen immateriellen Schaden" durch über hundert Passagen des Buches "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle", in denen der Altkanzler hart mit anderen Politikern und Persönlichkeiten ins Gericht geht. Diese hätten nicht nur "partei- und regierungsschädigende Auswirkungen", sondern hätten auch das politische Lebenswerk Kohls sowie seine Freundschaft zu langjährigen Weggefährten beschädigt." kann man heute im SPIEGEL online lesen und Prantl in der SZ begrüsst das Vorgehen von Kohl.
In der Tat hat das OLG die Veröffentlichung der Zitate als unrechtmäßig bezeichnet.
Das sollte hinterfragt werden. Personen der Zeitgeschichte haben schon immer ein geringeres Recht am eigenen, zum Beispiel dem eigenen Bild. Der Grund dafür ist das konkurrierende Interesse der Öffentlichkeit an Erkenntnissen. Niemand muss Person der Zeitgeschichte werden. Ist jemand eine solche Person geworden. Folgt aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit auch ein Recht auf Information. Bin eine bedeutende Person der Zeitgeschichte bestimmte Meinungen äußert (sie müsste es ja nicht) gibt es ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, zu erfahren, was diese Person bewegt. Das kann diese Person nur dadurch steuern, dass sie aus ihrem Herzen eine Mördergrube macht und Meinungen für sich behält. Werden die Meinungen in die Welt getragen, hat die Welt ein berechtigtes Interesse, sich eine Meinung über diese Person der Zeitgeschichte bilden zu können.
Es ist schade, dass das Verfassungsgericht nicht Gelegenheit bekam, über diesen Fall zu entscheiden. Nicht selten beachten die fachgerechte nicht ausreichend den grundrechtlichen Hintergrund. Dass nun Herr Kohl seine Gegner mittels hochbezahlter Anwälte mit 1 Millionen Klage überzieht, macht wieder einmal deutlich, dass Recht sehr viel mit Anführungszeichen Macht zu tun hat. Je mehr Macht jemand hat, desto mehr Recht wächst ihr zu.
Die Folge ist natürlich eine Einschüchterung durch die mächtige Person. Ein sicher nicht zu begrüßendes Ergebnis.

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