Mittwoch, 11. Dezember 2013
Diener
"Das Urteil sei dem Gericht "sehr schwergefallen", betonte Richter Sonnenberger. Es habe sich bei einer Entscheidung nicht an Gefühlen zu orientieren, "sondern an Recht und Gesetz zu halten, auch wenn wir damit den Opfern nicht gerecht werden". Es spiele auch keine Rolle, dass im Nachhinein bekanntgeworden sei, dass sich auch Zivilisten bei den Tankwagen aufgehalten hätten. Das Gericht selbst habe das anhand der Infrarotaufnahmen aus den US-Kampfflugzeugen - die auch Klein übermittelt worden waren - auch nicht beurteilen können, da nur "schwarze Punkte" zu sehen gewesen seien."

Ja, an Recht und Gesetz halten. Aber , was ist "Recht und Gesetz" denn in diesem Fall?
Da ist ein höherer Offzier, A 16, vielleicht B 3, der hat eine Entscheidung zu treffen.Aufgrund dieser Entscheidung sterben mehr als hundert Menschen, darunter einige Kinder.
Wann hat Herr KIein die Entscheidung nach Recht und Gesetz getroffen? Wie genau über die Lebensverhältnisse muß ein leitender Offizier informiert sein, in welchem Umfang ist er trainiert worden, in Krisensituationen Alternativen zu bedenken und möglichst Realitäts-nah zu entscheiden? Wie sieht die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme aus, bei der wahrscheinlich viele Menschen zu Tode kommen, welche Verfahren müssen eingehalten werden.

Hat das Landgericht Bonn sich mit diesen Fragen beschäftigt? Wir warten auf die Urteilsbegründung. Nur weil man grünen Richtertisch keine Eindeutigkeit feststellen kann, heißt dies lange nicht, die erforderliche Sorgfalt bei einer militärischen Entscheidung ist beachtet worden?
Gab es im Denken noch die naheliegende Alternarive des realen Geschehens? Oder, aus nachvollziehbaren Ängsten kommend nur noch die Version, das sind alles Terroristen. Und selbst, wenn es genauso gewesen wäre, welche konkrete Gefahr hätte für das Lager bestanden? Das Kilometer entfernt war. Hat man konkrete Anhaltspunkte, das irgendetwas geplant wurde, was das Lager konkret gefährden konnte? Angesichts der Auswirkungen dieser Entscheidung darf man auf allerhöchster Präzision der Überlegungen bestehen.Man darf nicht nur,man muß darauf bestehen. Das gebietet die Werteordnung des Grundgesetzes , das selbstverständlich dem Grundrecht auf Leben einen hohen Rang zugesteht.
Wenn also Leben auf dem Spiel stehen, muß die größtmögliche Genauigkeit gefordert werden. Nicht Anscheinsgefahren, nicht Stereotype,nicht Ängste nicht Druck. Sicher. Alles da, darf aber keine Rolle spielen.

Man muß sehr gespannt sein, was das Gericht geurteilt hat. Optimistisch wegen der Begründung bin ich nicht. Eben gerade die Begrünudng des Gerichts:
"Auch aufgrund des Bewegungsmusters habe sich dem damaligen Oberst die Anwesenheit von Zivilisten nicht aufdrängen müssen. Die Kammer stützt sich bei ihrer Bewertung auch auf die Aussagen eines von ihr gehörten Sachverständigen für afghanische Landeskunde. Der gerichtliche Gutachter hatte mitgeteilt, dass zu den Taliban auch Personen zu zählen seien, die nur über eine geringfügige oder gar keine militärische Ausbildung verfügten. Die Kammer geht davon aus, dass von solchen Kämpfern keine Verhaltensweisen und Bewegungsmuster zu erwarten sind, die einer üblichen militärischen Ausbildung entsprechen. Der Sachverständige habe weiter angegeben, dass eine Taliban-Operation mit 60 oder mehr beteiligten Kämpfern als ungewöhnlich zu bezeichnen sei. Die Region sei damals aber als Hochburg der Taliban anzusehen gewesen.
Schließlich habe auch der Funkverkehr zwischen den US-Kampfjetpiloten und dem deutschen Fliegerleitoffizier den damaligen Oberst nicht zu einer anderen Bewertung veranlassen müssen. Die Piloten fragten zwar sinngemäß nach, ob es sich bei allen in der Nähe der Tanklastwagen befindlichen Personen um Aufständische handele. Der Mitteilung aus der Kommandozentrale, es lägen Informationen vor, dass nur Aufständische vor Ort seien, widersprachen sie aber nicht. Soweit die Piloten die Möglichkeit von Tiefflügen zur Vertreibung anwesender Personen („show of force“) aufzeigten, erfolgte dies ausdrücklich zur Darlegung von Handlungsoptionen des militärischen Befehlshabers."

So war meine Befürchtung: als wenn dem Oberst nur dann en Vorwurf gemacht werdne könnte, wenn die Alternative zwingend gewesen wäre. Angesichts dieser Rechtsgüter wird umgekehrt ein Schuh draus: nur dann,wenn man besten Erkenntnisstand mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, dass sind gefährliche Terroristen, wäre eine solche Entscheidung denkbar.
Zu den Handlungsoptionen eines Kommandeurs gehört der Verzicht auf Warnung? Hat der Herr Jurist einmal in das Recht des unmittelbaren Zwangs geschaut. wann man auf Warnung verzichten darf? Das ist die ganz große Ausnahme. Mir ist schon klar, dass es hier andere Rechtgrundlagen gibt, aber die Warnung ist ein rechtsstaatliches Minimum. Das würde hier ignoriert,obwohl es mehrfach angefragt war. Alles nach Recht und Gesetz? Ich denke nicht.

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