Dienstag, 26. März 2013
Von Müttern und Vätern
Dieser Drei-Teiler hat eine beachtliche Diskussion ausgelöst.Sogar auf die erste Seite der BILD hat es das Thema geschafft.
Warum?
Auch fast siebzig Jahre nach dem Krieg sind die Nach-Wirkungen nicht vorüber. In Familien ist geschwiegen worden, die Kinder haben die Schuld weitergetragen,wie Baring und Bode in ihren Büchern darlegen.
Dem Film wird unter anderem vorgeworfen, hier werde nur aufgewärmt, was längst bekannt sei. Dies stimmt zwar, aber durch die Verknüpfung mit konkreten Schicksalen wird das Leid nach-fühlbar. Das ist nicht anders als 1979 bei der Holocaust-Serie. Leid wird nur erfahrbar beim konkreten Menschen, den man ein wenig kennengelernt hat.
Ferner wird dem Film vorgeworfen, hier werde sehr unwahrscheinlich ein Begegnung der fünf Freunde immer wieder herbeigeführt. Sicher, es unwahrscheinlich, aber der Film ist keine Dokumentation. Es ist eine Kunstform, die Unwahrscheinlichkeiten benutzt, um bestimmte Situationen aufzuzeigen. Wie soll Friedhelm seine unsägliche Veränderung durch den Krieg erfahren, wenn er nicht vor der Konfliktsituation steht, einen Freund erschießen zu sollen, angeordnet von einem Standartenführer, den er haßt. Dazu muss zu einer höchst unwahrscheinlich Begegnung kommen.
Die Detailkritik, ob es sich um Uniformteile oder Ungereimtheiten im Zeitablauf handelt,verkennt die eigentliche Funktion dieses Films.
Hier soll gezeigt werden, welchen Situationen junge Menschen damals ausgesetzt waren, die eigentlich doch nur ein kleines glückliches Leben führen wollten. Sie werden über Jahre großen Entbehrungen ausgesetzt, sehen Menschen neben sich sterben, werden selbst schwer verletzt, erleben ungeheure Grausamkeiten, gegen die sich alles in ihnen wehrt, aber sie machen mit oder sie dulden es.
Die Umstände dieser Generation verstehen, könnte heißen, zur mehr Vergebung zwischen den Generationen zu kommen. Selbst noch im Krieg geboren, gehörte ich nicht zu den Anklagenden der 68ziger Generation,obwohl ich natürlich mit der Sprachlosigkeit der fünfziger Jahre aufgewachsen bin, in der Familie und in der Gesellschaft ( Schule).
Diffus anfangs glaubte ich, nicht die moralische Berechtigung einer Verurteilung zu haben. Dies verstärkte sich, als ich beruflich mit dem Thema des Mitmachens beschäftigt war. Die Experimente von Milgram und Zimbardo zeigten eindrücklich, dass keine Monster am Werke sind, wenn es um Quälerei geht, sondern normale Menschen in besonderen Situationen, bei denen moralische Steuerung aussetzt. Später kam Welzer mit seinen Studien über die Entwicklung von normalen Menschen zu Massenmördern hinzu und die Arbeiten über die normalen Männer, die als Polizisten im Osten mordend tätig waren ( Browning und Schneider). Es ging darum, jungen angehenden Polizisten die Gefahr des Mitmachens vor Augen zu führen,denen nicht nur ihre Väter,inzwischen Großväter, erlegen waren, sondern denen sie selbst im Apparat ausgesetzt sind.
Aus Geschichte lernen,geht nur,wenn man sie kennt, unsere Mütter und Väter und ihr Leben.

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Ich schäme mich
Anonym? Sicher, dann wäre ein Schirm für den shit-storm der Zeit-Genossen vorhanden. Aber nicht ein Anonymus ist betroffen und wütend, sondern ich, Hans Alberts.

Jahrgang 1945. Noch im Krieg geboren, in seinen letzten Zügen. In der bleiernen Zeit der fünfziger Jahre aufgewachsen. In den sechzigern studiert, in Marburg und Berlin, zwei Hochburgen der 68ziger Bewegung.
Ende der sechziger Jahre in den Beruf eingestiegen. Am Ende der Ausbildung gedacht, nun kommt als nächstes der Beruf, schau doch mal in die Stellenanzeigen. Eine angeschaut, hingeschrieben, die Stelle bekommen und vor dem Examen dort bereits gearbeitet. Arbeitskräfte wurden gebraucht.
Das Arbeitsleben war kontinuierlich,ohne Brüche. Professur seit 1978. Alles ohne sonderlichen Streß.
Nun,im Ruhestand,könnte ich mit meinen Zeit-Genossen auf einem Kreuzfahrtschiff sitzen,mit studiosus weite Reisen machen oder vielleicht eine Ayurveda-Kur, die „andere Wege“ für erhebliches Geld anbieten. Jenseits der fünftausend Euro fängt man an, zu schlucken, aber die Bilder sind doch so überwältigend und Ayurveda soll ja so gesund sein, also ein Blick aufs Konto, ja,wenn über 50tausend frei verfügbar sind, sollte man sich das gönnen, weil man sich sonst „ nichts gönnt“. Bei den Reisen kommt man vielleicht mit netten Zeit-Genossen in Kontakt, beide waren Lehrer, Oberstudienräte zum Beispiel, sie müssen gar nicht darauf hinweisen, dass ihnen mehr als sieben Tausend im Monat zu Verfügung stehen.Man könnte es ausrechnen.

Die Generation der 68ziger nahm und nimmt für sich in Anspruch, moralisch mit den Alt-Vorderen abgerechnet zu haben. Die Nazis und die verkrustet-autoritären Strukturen. Man hatte ausreichend Feindbilder.
Ich gehörte nicht zu den Protestlern. Irgendwie waren mir die Weltverbesserer unsympathisch und suspekt. Ihr aggressives Verhalten, sich gegen Krieg und unmenschliche Verhältnisse zu wenden und selbst so kriegerisch und auch unmenschlich zu sein, das gefiel mir nie.
Diese Generation ging ja Anfang der siebziger Jahre in den Beruf und alle bekamen einen Posten, bis auf diejenigen, die politisch zu links gewesen waren.Natürlich war man, war ich, gegen die Berufsverbote.Aber es urteilten darüber Richter, die ihre Nazi-Vergangenheit reibungslos in hohen Posten verarbeitet hatten, aber nicht zulassen konnten, dass jungen Menschen,auch wenn sie aus von den Nazis verfolgten Familien kamen, auf die Menschheit losgelassen werden.
Man ging also in den Beruf und machte da seine Karrieren. 1967 konnte man Professoren des Muffs unter ihrer Talaren zeihen, wurde aber selbst, der eine, Landesvorsitzender der SPD und der andere Staatsrat in Hamburg. Nicht jeder, der Steine auf Polizisten geworfen hat, landet in einer vornehmen Villa in Dahlem,mit sattem finanziellen Polster aus den verschiedensten Beraterverträgen der Industrie,natürlich schon bestens versorgt mit Ruhestandszahlungen. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Aber das Berufsleben wurde einem nicht zu schwer gemacht. Als Peter Grottian Anfang der achtziger Jahre aufrief, vom Einkommen etwas zu teilen,damit andere, die schon der Tür standen, auch etwas abbekommen, verhallte sein Ruf weitgehend. Nein, Einkommensminderungen wollte man sich nicht leisten. Man hatte ein Haus, seine Datsche, vielleic ht schon eine Scheidung, Kinder, die auch studieren wollte. Teilen, wir doch nicht.
Als der Staat aber dann Teilzeitmodelle anbot,für die Hälfte der Arbeitszeit bis zu 83% des Lohns zu bekommen, setzte ein run auf diese Vergünstigung ein. Spitze Rechner hatte festgestellt, wie sehr der Stundenlohn gestiegen war. Das durfte man nicht auslassen. Als der Staat merkte, was er sich für ein Luxusmodell geleistet hatte, gab es eine Fülle von Klagen, wir sind ja Rechtsschutzversichert. Vorteile dürfen einem doch nicht einfach weggenommen werden.
So sitzt meine Generation in sehr bequemen Sesseln, beklagt die Ungerechtigkeit der Welt, schaut auf die nächste Generation mit einem kalten Blick.Pech gehabt.
Welch einen Aufstand würde es geben, wenn man mit Generationengerechtigkeit ernst machte und zB jenseits von viertausend Euro Pension oder Rente eine Solidaritätsabgabe fordern würde. Zweckgebunden, um den jüngeren, von denen nur ein ganz kleiner Teil durchgehende Arbeitsbiographien haben wird und die überwiegend den Gedanken an eine Versorgung im Alter verdrängen müssen, eine Teilhabe an dieser Gesellschaft zu verschaffen, die ihrer Ausbildung entspricht. Sofort würde man, es kostet ja nichts, rechtsschutzversichert, die besten Anwälte bemühen, von Besitzstandswahrung faseln und mit einer nicht zu geringen Wahrscheinlichkeit sogar Recht bekommen. Die Gemeinwohlverpflichtung im Grundgesetz ist ja ohnehin schwach ausgeprägt und wurde noch nie von Juristen besonders aktiviert. Davor ist natürlich, dass kein Politiker wagen wird, gegen diesen Teil der Bevölkerung vorzugehen, es sind über 22 Millionen. Er will schon mit Pauken und Trompeten Wahlen verlieren?

Eigentlich hätte man erwarten dürfen, dass diese Generation von sich aus die Solidarität bekundet. Das Glück des richtigen Zeitpunkts mit anderen teilen, wäre dem moralischen Anspruch dieser Generation angemessen gewesen.
Aber es ist in der Vergangenheit nicht geschehen und in der Zukunft zu erwarten.

Ich schäme mich.

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